Tag 3 -
Baby-Steps
“Aller
Anfang ist schwer” sagt man im Volksmund, und weil das schon Tatsache genug ist
gibt's einige Möglichkeiten wie man sich etwas noch schwerer machen kann als es
eh schon ist. Und wenn man nicht gerade sado-maso-mäßig veranlagt ist, schreib
ich mal darüber wie man das vermeiden kann – die ersten Schritte, darum geht’s
heute.
Biographisch gesehen zieht sich ein roter Faden einer musikalischen Kindheit bis
Jugend durch mein Leben und das Verfolgen und „Aufsaugen“ jeglicher Musik die
aus Fernsehen, Radio und sonst woher auf mich einprasselte. Als Steppke kannte
ich Bands die sich 20 Jahre zuvor bereits aufgelöst haben, und die Gäste im
damaligen Restaurant meiner Eltern schauten mich ungläubig an als ein 5jähriger
vor ihnen Melodien aus ihrer Jugend vor sich hin brummte. Worauf will ich
hinaus? Die Liebe und das Interesse zur Musik muss in die Wiege gelegt sein. Das
Herz muss mitspielen, aber dazu später mehr.
Den Teil wo ich Kassetten willkürlich aus dem Radio aufnahm und dazwischen
irgendwelche Texte und Wettervorhersagen moderierte, konnten eine gewisse
Begeisterung zeigen, die sich bis heute halten würde. Dann kam der
Schlüsselmoment wo auch DJ´s die Berliner Szene aufmischten. Breakdance in
Jugend-Clubs, Parties auf Abenteuerspielplätzen, alle meine Kumpels aus der
Gegend waren irgendwie, irgendwo involviert – und ich mittendrin! Dann gab es
zwei, drei wirkliche DJ´s die das ganze professionell durchgezogen haben. Diese
besagten haben meine Richtung in eine klarere Bahn geleitet, und schnell merkte
ich das man mit zwei Kassettenrekordern nicht wirklich gute Übergänge hinkriegen
kann, egal wie lang man es probiert. Kredit aufgenommen, 2 Technics gekauft –
bis heute nicht von ihnen gelassen! Magische Geräte, definitiv…und da ist die
Motivation von weiter oben im Text erwähnt: das Herzblut muss auflegen wollen,
die Musik muss dein Hobby sein. Irgendwelche anderen Gründe ein DJ zu
werden…Frauen besser abschleppen können, im Mittelpunkt stehen, angeben, umsonst
trinken, endlich mal in Clubs reinkommen, Geld, besser als Arbeitslosigkeit –
all das sind zum scheitern verurteilte Gründe ein Ritter unserer DJ-Gemeinschaft
zu werden – nur das Herz ist der einzige der zählt! Das andere sind vielleicht
teilweise ganz nette Nebenaspekte (siehe Diary Tag 2), aber keine Gründe.
Einige male in meiner Laufbahn wurde ich darauf angesprochen doch irgendjemanden
das auflegen „beizubringen“ (mein Cousin würde gern DJ werden, ich geb dir auch
Geld…“), das klappt so nicht. Tipps vielleicht, aber das DJing selbst ist etwas
was jeder selbst erarbeiten sollte.
Ein weiterer Tip – verfolgt die Kollegen aufmerksam, lasst euch inspirieren -
aber kopiert nicht! Seid individuell, und das geht am besten wenn ihr selbst
rumprobiert und euren eigenen Stil findet. Die guten, namhaften DJ´s der Stadt
erkenne ich ohne das ich hinsehe wer auflegt. Ihr könnt es nicht jedem
Veranstalter, Club oder Gast recht machen, aber man darf sich nicht verbiegen,
das klappt niemals. Euer Stil muss in eine Party reinpassen, nicht andersrum –
so kriegt ihr zwar nicht JEDEN Job weil z.B. jeder Veranstalter auf andere Dinge
Wert legt, aber ihr bleibt authentisch. Zum Thema Authentizität – ihr solltet
nur Musik auflegen hinter die ihr steht, Beispiel: ich weiß von einem genialen,
jungen Scratcher der angefangen hat sich „It´s Raining Man“-Platten zu holen und
eine House-CD zu kaufen nur weil er im 90 Grad auflegen sollte. Keine gute
Taktik, ich habe den Fehler in umgekehrter Weise gemacht. Obwohl ich privat
schon immer viele Richtungen und jegliche Musikarten gehört habe, beschränkte
ich mich auf das auflegen von Black Music (was übrigens DJ-technisch immer noch
die Champions-League ist), bis ich eines Tages nach einigen Jahren mich fragte
warum ich die anderen Platten verstauben lasse und nicht auch andere Musik
auflege, ich kenne sie doch wie meine eigene Hosentasche. So kam es dann auch,
war aber eben keine sofortige Erkenntnis. Heute würde ich auf die Hälfte meiner
Jobs pro Jahr verzichten oder nie bekommen haben
wenn ich mich immer noch beschränken würde. Ich lege auf was der Club oder
Veranstalter von mir brauch weil ich alles privat höre und dahinter stehen kann.
Das hat den Vorteil das man mich nicht fragen muss ob ich das auflegen kann oder
was ich denn so spiele, sondern sich im wesentlichen darauf beschränkt – Hab ich
Zeit? Wo? Wann? Wie viel? Mit wem? Musikalische Brandweite hat aber auch einige
Nachteile und bringt Neider mit sich: einige setzen es gleich mit sich
verkaufen, andere blicken nicht mehr durch was das denn nun für eine Party ist
heute Abend auf der Guess auflegt, wieder andere sind zu beschränkt für eine
breite musikalische Palette und finden es scheiße was ich auflege.
Jeder bestimmt selbst in welche Richtung er sich bewegt und wo er sich sieht, ob
er CD´s einlegen will oder mit Platten auflegen - übrigens sollte man bedenken
das wenn man alles auflegen will, natürlich auch alle Richtungen verfolgen UND
kaufen muss, aber er bekommt auch mehr Jobs, mehr Geld – und damit ist das
gerechtfertigt.
Nur sollte man sich natürlich einige Lorbeeren erst erarbeiten bevor man mächtig
aufdreht und Eindruck schindet mit einer schnieken Webseite aber erst auf
Marzahner Geburtstagsparties aufgelegt hat. Vielleicht ist es deshalb auch nicht
ganz so klug wenn man sich „Master In Remixing“ nennt wenn noch nie jemand von
einem gehört hat – oder „Kiss FM-DJ“ wenn man mal eine halbe Stunde dort
auflegen durfte.
Beim DJ-Namen empfehle ich etwas klangvoll kurz-prägnantes, nix was sich keiner
merken kann, geschweige denn aussprechen. Und informiert euch ob ihr wirklich
der erste seid der sich diesen DJ-Namen ausgedacht hat. Wenn nicht könnte es
Verwirrungen geben und 3 DJ Scream in Deutschland und 5 DJ Sam…deshalb auch nie
den eigenen Namen nehmen, weil ein DJ Sascha oder DJ Niko bestimmt in jeder
zweiten Kleinstadt die Bierzelte rocken und unter „ Musikalische Untermalung für
Hochzeiten und Feierlichkeiten jeder Art“ im Telefonbuch stehen.
Weiteres Thema wäre sich nie zu schade zu sein auch kleinere Dinge und
unwichtige Jobs anzunehmen die zwar nicht die Millionen Euros bringen, aber dich
als DJ dafür umso weiter. Kleinvieh macht auch Mist, und wenn ihr nur die zwei,
drei Aufträge pro Jahr annehmen wollt die 2000 Euro bringen, ist das zwar
effizient, aber niemand bucht euch mehr weil ihr viel zu selten auflegt und euch
niemand mehr kennt – ein etwas überzogenes Beispiel, aber ihr wisst was ich
meine. Lasst euch aber genauso wenig ausbeuten, jedoch vertrete ich ich nicht
die Theorie das irgendein „Gratis-DJ“ die Preise kaputtmachen kann (höchstens
seine eigenen zukünftigen), die guten Veranstalter wissen wen sie haben wollen
und was er wert ist. Und ganz wichtig – vergesst nie wer euch am Anfang
unterstützt hat, die Leute sollten immer einen besonderen Status in eurem
DJ-Dasein haben, auch nach 15 Jahren noch. Ohne die wärt ihr nie da wo ihr seid!
Thema Webseite - eine gute Präsenz und Möglichkeit Informationen von sich unter
die Leute zu bringen und auch Veranstaltern die Möglichkeit geben einen DJ zu
erreichen. Sie kann aber auch abschreckend wirken, also…zurück zum Thema, nicht
zu doll am Rad drehen!
Aber der wichtigste Rat: Versucht immer euer bestmögliches zu tun euren Job zur
vollsten Zufriedenheit zu machen, und wenn das Herz nicht mehr bei der Musik
ist, sondern für andere Dinge schlägt – hört auf! Alles andere wären die oben
genannten Gründe und werden wie gesagt nicht lange gut gehen.
Rockt weiter die Clubs, Garagen, Mietwohnungen und Arenen Berlin-Citys!